Bankenwerbung in der Finanzkrise Mitte 2008
Learning by banking [sic!]
Trainee-Programm der BayernLB

 

 

Mitte des Jahres 2008 war diese Werbung für die Bayrische Landesbank in einer Studentenzeitschrift abgebildet. Erst ein Jahr zuvor hatte die US-Immobilienkrise rund um faule Kredite und intransparente Finanzprodukte begonnen, in deren Folge just 2008 die gigantische internationale Krise über Wirtschaft und Gesell­schaft hereinge­brochen war. Diese tiefe Krise führte und führt zum einen zu stark ansteigender Arbeits­losigkeit und Armut in vielen Ländern und zum anderen zu weltweit explodierenden Raten nationaler Staatsverschuldung. Die damit ein­hergehenden massiven Spar­pro­gramme verstärken die Armut und soziale Unge­rechtigkeit seither weiter, während sich Banken und Investoren fleißig an den Folgen der Krise bereicherten und nun auf das mögliche Versagen ganzer Volks­wirtschaften und Währungen wetten.


Die Zeitschriftenanzeige besteht aus einem Bild im Hintergrund und einem Werbe­text im Vordergrund. Auf der oberen Hälfte der Seite ist eine jüngere Frau zu erkennen, die ein dunkelgraues Kostüm trägt und mit einem zufrieden-selbstsicheren Blick nach vorn gerichtet eine Treppe emporsteigt. Im Hinter­grund befin­den sich unscharf sichtbar zwei Männer und eine Frau – auch in formaler Kleidung. Sie lächeln oder lachen und haben ihren Blick ebenfalls nach vorne gerichtet, während sie der Frau im Vordergrund auf der Treppe nach oben folgen. Im Hintergrund sind graue Konturen eines Gebäudes zu erkennen. Der Text der Anzeige lautet:

Das Trainee Programm der Bayern LB
Learning by Banking

Die Bayern LB. Erfolgreiche deutsche Großbank mit starken Wur­zeln. Wir sind Zentralbank der bayrischen Sparkassen, Hausbank des Frei­staates Bayern – und ge­schätzter Partner von Unternehmen in Deutsch­land und in aller Welt.
Sie haben einen überdurchschnittlichen Abschluß in Wirtschafts­wissen­schaften oder Jura und bringen erste Praxiserfahrung im Finanzwesen mit? Sie sind engagiert und haben Spaß an der Dienstleistung? Dann haben Sie beste Vor­aus­setzungen für die Aufnahme in unser Trainee-Programm. 15 Monate lang ar­beiten Sie in einer inter­national tätigen Großbank. In einem maß­ge­schnei­derten Pro­gramm werden Sie da­bei intensiv und interkulturell von uns ge­fördert – nach Ihren Fähigkeiten und nach Ihren Neigungen. Ihr Gewinn: Pro­fessionalität und eine faszinierende Berufs­pers­pek­tive in der Welt der Wirtschaft. Interessiert? Dann richten Sie Ihre Bewerbung an: [...]“


Bereits die Überschrift dieser Anzeige klingt ganz so, als
gäbe es keine Krise – als sei das öffentliche Bild der Banken nicht an­gekratzt. Man geht mit erhobenem Haupt und dem selbstbewußten Spruch „Learning by Banking“ in die Offensive. Aufgrund der äußeren politischen Umstände, in deren Umfeld diese Werbung erscheint, stellt sich die Frage der Intention. Nicht ganz geklärt werden kann wohl, ob es sich lediglich um eine PR-Strategie handelt, die ungeachtet tages­politischer Diskurse veröffentlicht wird, oder ob die Werbung als trotzige Stellung­nahme verstanden werden soll – im Sinne von „wir wissen, was wir tun, wir kennen den Weg, wir meistern jede Krise“. Bei negativer Auslegung könnte man also annehmen, es handle sich bei dieser Werbung um eine arrogante Verhöhnung der gesamten Gesellschaft. Anstelle von Demut oder Selbstkritik wird ein von sich selbst überzeugter Blick der darge­stellten Frau gezeigt. Dieser soll suggerieren, man habe alles im Griff – obwohl die Finanzkrise Gegen­teiliges bewiesen hat.

Zur Bedeutung des hier verwendeten Wortes „learning“ bleibt festzustellen, daß Adressat für diese Aussage vermutlich die angesprochenen Anwärter für Aus­bil­dungsplätze sind. Es könnte aber eine Doppeldeutigkeit mit­schwingen und auch die Ge­sell­schaft als Ganzes als Adressat gemeint sein. Dann wäre das Lernen so gemeint, daß sich die Bank als gesellschaftliche Avantgarde sieht und die Gesellschaft lehren möchte (was im Lichte der Krise und der offensichtlichen Inkompetenz der Bank besonders lächerlich erschiene).

Sie haben einen über­durch­schnitt­lichen Abschluß in Wirt­schafts­wissen­schaf­ten oder Jura und bringen erste Praxiserfahrung im Finanzwesen mit?“
„Ihr Ge­winn: Professionalität und eine faszinierende Berufsperspektive in der Welt der Wirt­schaft.“

Mit dem Wort „überdurchschnittlich“ wird die Wett­be­werbsmentalität und Elite­orientierung angezeigt. Wer sich für einen „nur“ normal guten Absolventen hält, sollte sich lieber gar nicht erst bewerben. In diesem Wort schwingt die Behaup­tung mit, bei dieser Bank arbeiteten ausschließlich überdurchschnittlich gut qualifizierte Men­schen. Auch dies erscheint im Lichte der Milliardenverluste im Zuge der Finanzkrise unglaubwürdig und zeigt darüber hinaus, wie inkompetent die Eliten der Welt offenbar sind.


Ein bißchen Feingefühl und die grundlegende Fähigkeit zur Selbstkritik wäre ange­bracht für eine Bank, die viele Milliarden Euro verzockt hat und im Nachhinein die Schuldscheine über den sogenannten Banken­rettungsfonds (BaFin – Bundesan­stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) aus dem Steuertopf begleicht. Das Motto „Gewinne privatisieren, Ver­luste sozialisieren“ steht hinter dieser Bank wie hinter dem gesamten maroden Bankensystem. Inzwischen (2014) läuft das Finanz-Kasino wieder auf Hochtouren und steuert unerbittlich auf die nächste Krise zu, unabhängig von allen Kompetenz- und Exzellenz­be­kundungen.

 


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