Kommentare zu einem Artikel aus dem Handelsblatt

Öllagerung auf dem Meer -

Unregulierter Auswuchs des freien Marktes

 

[Handelsblatt, 12.01.2015, Autoren: Hd Alih, R. Palm, K. Slodczyk]

Riesenbunker auf hoher See -

Händler horten Öl in Supertankern, weil sie mit steigenden Preisen rechnen.

Das Schiff gehört zu den weltweit größten Öltankern mit einer Lange von 380 Metern und ein einem Fassungsvermögen von fast einer halben Milliarde Liter: die „Tl Oceania“. [...] Nach Brancheninformationen hat der Rohstoffhändler Vitol den Tanker vergangene Woche gechartert, um dort Rohöl zu lagern [...]

Damit kehrt ein Phänomen zurück, das zuletzt 2009 für Schlagzeilen sorgte. Händler kaufen Rohöl zu den derzeit sehr günstigen preisen, parken es auf hoher See und schließen Terminverträge ab, um den Rohstoff zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend verkaufen zu können. [...] Contango heißt das im Branchenjargon. […]

 

Das Handelsblatt beschreibt in diesem Artikel, wie Rohstoffhändler Rohöl auf dem Meer in Tankern lagern, um mit steigenden Preisen zu spekulieren und es anschließend gewinnbringend wieder zu verkaufen.
Dies ist einer der Auswüchse der freien und unregulierten Marktkräfte. Und ausgerechnet auf dem Höhepunkt der Finanzkrise maßten sich die Händler an, auch derlei Spekulationen auf den Höhepunkt zu treiben. Ganz so, als sei nichts geschehen, macht man weiter. Business as usual.

 

Von fünf Tankern ist derzeit in Branchenkreisen die Rede, die sich für voraussichtlich zwölf Monate in schwimmende Öllager verwandeln. Drei davon seien im Auftrag von Vitol unterwegs. Das Unternehmen wollte sich dazu jedoch nicht äußern. Angeblich sind auch der Ölmulti Shell und der Rohstoffhändler Trafigura in Gesprächen, um Öltanker als Lager anzumieten. Auch diese Unternehmen wollten das nicht kommentieren.

 

Die Weigerung, Anfragen der Wirtschaftspresse zu beantworten, zeigt, daß den Unternehmen, die sich an den Machenschaften einer solchen Öllagerung beteiligen, sehr wohl bewußt ist, daß sie etwas tun, das gegen die allgemeinen Interessen der Bevölkerung und der anderen Wirtschaftszweige verstößt. Hier möchte man natürlich so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen um ungestört weiterspekulieren zu können.

Es wäre die Frage zu stellen, in welchen Ländern derlei Ölhändler aktiv sind und wie ihnen durch die Gesetzgebung oder die Justiz das Handwerk gelegt werden kann.

 

Auf etwa zehn bis zwölf Millionen Barrel schätzen Experten die der zeit gemieteten Kapazitäten. […] Vor knapp fünf Jahren schipperten Experten zufolge mehr als 120 Millionen Barrel1 über die Weltmeere. Neben Rohstoffhändlern machen auch Banken solche Geschäfte. Inzwischen mussten sie sich jedoch wegen strengerer Regulierung aus dem Bereich zurückziehen. […]

 

Immerhin wurde dieses Geschäft zumindest für die Banken eingeschränkt. Es zeigt sich hier aber auch, wie inkonsequent und halbherzig Wirtschaftsreformen im Zuge der Finanzkrise seit 2007 umgesetzt wurden. Schädliche Spekulation wird zwar dort verboten, wo die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit liegt - aber stillschweigend für solche Unternehmen weiter erlaubt, die weniger im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen.

Wir meinen:
Volkswirtschaftlich ergibt die Lagerung von Öl auf der hohen See offensichtlich keinen Sinn. Es werden dadurch Transportkapazitäten unnötig gebunden und die Preise für Erdölprodukte werden unnötig hoch gehalten. Da die Tanker selber riesige Mengen von Rohöl verbrauchen, schaden sie der Umwelt zudem durch unnötigen Energieverbrauch2. Dadurch daß Frachtkapazitäten unnötig gebunden sind, müssen zudem mehr Tanker produziert werden als eigentlich notwendig.

Den Nutzen von derlei Spekulation haben einzig und alleine einige, wenige Rohstoffhändler wie Vitol und Tarifuga sowie Spekulanten. Sie alle bereichern sich auf Kosten der Allgemeinheit mit diesem legalen Betrug. Am Ende wird das Ganze noch mit einem schönen Begriff verziert: Contango. Klingt ästhetisch, ist aber schlicht und einfach nur schäbig.
Die Politik sollte hier reagieren. Anstatt mit dem aktuell gegen die Zivilgesellschaft vorangetriebenen TTIP-Abkommen Unternehmen weiter Tür und Tor für Betrügereien zu öffnen. Regulation sollte konsequent an die Stelle von Spekulation treten.

 


1  120 Millionen Barrel entsprechen 19.080.000.000 (19 Milliarden) Liter Rohöl.

2  Zyniker könnten zwar entgegnen, daß dadurch, daß der Preis durch die Lagerung auf See steige, sich einige Leute weniger treibstoffhungrige Autos kaufen würden. Allerdings wäre es an der Politik, die Nutzung von Fahrzeugen einzuschränken, die mehr Energie verbrauchen als notwendig. Wie der aktuelle VW-Skandal um manipulierte Schadstoffwerte bei Diesel-Fahrzeugen aber zeigt, hat die Bundesregierung (die frühzeitig informiert war) aber offenbar kein Interesse daran, eine konsequente Umweltpolitik zu verfolgen.


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