ISIS-„Geschäftsberichte"
IS als Terror-Konzern
Pathologie, Exzellenz- und Wachstumsrhetorik
des „Islamischen Staats“

 

Geschäftsberichte sind normalerweise Publikationen von Großunternehmen – in der Regel veröffentlicht von Aktiengesellschaften. Sie sollen den Investoren in regelmäßigen Abständen Informationen über Rentabilität und Zustand des jeweiligen Unternehmens bieten.
Auch die barbarische Terrororganisation Islamischer Staat übernimmt sowohl jene Ästhetik der Geschäftswelt als auch die neoliberalismustypische Fixierung auf Wachstum, Effizienz und Exzellenz.

 

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Titelseite des IS-„Geschäftsberichts“ 2013


 

Man präsentiert die „Erfolge“ mit Fokus auf quantitativ meßbarem Output in visuell ansprechenden Hochglanz-Berichten, Auch setzt man auf Marketing-Aktivitäten in sozialen Netzwerken. Der IS übernimmt die Marketingorientierung von sowohl Unternehmen als auch von Einzelpersonen, wie sie in unserer neoliberalen Welt verbreitet ist. Er geht damit eine Art West-Orient-Synthese ein, offenbar ohne dies selbst zu bemerken. Anstelle von Verkaufs- und Mitarbeiterzahlen, Umsatz und Aktienkurs, werden die Steigerungsraten von Anschlägen, Attentaten, Selbstmord-Fahrzeugen oder Gefangenenbefreiungen dargestellt:

 

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Aus dem IS-Bericht 2012

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Aus dem IS-Bericht 2013
   
   








 


Zur Beeinflussung des IS durch neoliberales Gedankengut trägt sicherlich nicht zuletzt auch bei, daß viele junge Westeuropäer und US-Amerikaner (also Menschen, die in der neoliberalen Lebenswelt aufgewachsen sind) Teil der IS-Terrorgarden geworden sind – allein aus Deutschland über 400 Personen.
Es scheint sich bei den fanatisierten Deutschen um überwiegend junge Menschen zu handeln, die auf Sinnsuche sind. Hier vermischt sich religiöser Fanatismus mit einem Fluchtimpuls, um aus der Enge eines Wirtschafts- und Gesellschaftssystems zu entkommen, in dem die Anpassung an ökonomische „Erfordernisse“ für alle Menschen erzwungen wird. Da diese Menschen gelernt haben, in diesem Sinne unfrei zu sein, fällt die Unterordnung unter religiöse Dogmen und – entsprechend der Elitenorientierung in unserer Gesellschaft – unter die der Weltbeherrschungsfantasien der fundamentalistischen Religions-Sekte "IS" leicht.

Dazu kommt, daß die globale Wirtschafts- und Finanzkrise, die seit 2007 anhält, westlich orientierte Menschen, welche an die Marktwirtschaft als Lösung gesellschaftlicher Probleme geglaubt hatten, in eine tiefe Sinnkrise gestürzt hat.
Natürlich ist dies nur ein Teil der Erklärung. Denn die Pathologie menschlicher Mord- und Folterlust ist hier so ausgeprägt, daß sie allein mit diesen Gedankenansätzen nicht erklärt werden kann.


Zum Wachstumsfokus des IS paßt auch, daß die Organisation zunächst ISIS, also 'Islamischer Staat in Syrien und Irak' hieß und sich im Zuge des rapiden militärischen Erfolgs und großer Gebietsgewinne im Irak, sich viel allgemeiner in 'Islamischer Staat' umbenannte. Man will also nicht mehr territorial eingeschränkt darstehen, sondern auch in Bezug auf den Namen eine weitere, möglicherweise weltweite Expansion vorbereiten.
Alles in Allem sind diese "Geschäftsberichte nur weitere – wenngleich überraschende – Beispiel dafür, wie sich ökonomisches Denken in alle Lebensbereiche frißt – auch in den Bereich von Terror und religiösem Fanatismus. Hier richtet diese Denkweise allerdings ungleich mehr Schaden an, als in allen anderen Gesellschaftsbereichen.

Randbemerkung:

Wie aus den PDF-Metadaten der bereitgestellten Jahresberichte 2012 und 2013 hervorgeht, sind beide mit Microsoft Office 2010TM bzw. Office 2013TM erstellt. Also ausgerechnet mit Hilfe eines imperialistischen, ja in seinem Segement weltbeherrschenden US-Unternehmens. Die IS-Terroristen scheinen somit keine Berührungsängste mit dem erklärten Feind zu haben, wenn es um die Softwarenutzung geht.


 



LINKS:

ISIS Jahresbericht 2012 (11.08.2013) (PDF)

IS- Jahresbericht 2013 (31.03.2014) (PDF)

Analyse des US-amerikanischen Institute for the Study of War (22.05.2014) (PDF)

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