Email-Vorlage für das Dienstleistungsprekariat:
Kündigung bei einem Callcenter

Aufforderung zur Verweigerung gegenüber unwürdigen Dienstleistungs-Jobs

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich kündige diesen Job, bevor ich ihn angetreten habe. Die Schulung gestern und die von Ihnen zugesandten Dokumente haben mir gezeigt, dass das Ganze unter keinen vernünftigen Bedingungen stattfindet.

  • Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn von 8,50 Euro wird mit 6,5 Euro für den Basislohn deutlich unterschritten, nur weil man formal selbstständig ist. Das geht so nicht!

  • Die Schulung war unzureichend und anstatt alles in einem angemessenen Tempo zu lernen, wurde massiv Druck ausgeübt, und während der Testinterviews viel zu viel interveniert, was mich persönlich in der Situation verunsichert hat.

  • Jegliche Menschlichkeit und Persönlichkeit soll dem Interviewer offenbar abtrainiert werden. Es geht nur darum, an die Infos zu kommen, die Befragten Menschen zählen nicht, sondern ihnen wird lediglich ihre kostbare Zeit gestohlen. Damit sie sich darauf einlassen, sollen sie durch kleine Psychotricks und Social Engineering entsprechend manipuliert werden. Das finde ich nicht in Ordnung.

  • Die Software-Lösung (Putty-Konsole) ist grotesk schlecht und veraltet. Ich habe noch nie eine so schlechte Software gesehen. Wie wäre es mal mit einer zeitgemäßen Weboberfläche, die nahtlos plattformübergreifend auch ohne Windows (z.B. mit Linux, Mac oder Android) zu bedienen ist?!

  • Insgesamt halte ich die Arbeitsbedingungen und die vertraglichen Klauseln für freiberufliche Mitarbeiter*innen für äußerst negativ.

  • Das große Mißtrauen gegenüber externen Mitarbeiter*innen spiegelt sich in allem wieder, was ich bisher von der [geschwärzt] mitbekommen habe. Anstatt davon auszugehen, daß die Mitarbeiter ehrlich sind, wird man von verschiedenen Seiten, immer wieder auf Strafen und Schadensersatzforderungen hingewiesen. Das ist für mich schon einmal eine sehr ungute Arbeitsatmosphäre unter der ich nicht arbeiten möchte. Ich möchte nicht schon im Vorwege als Betrüger verdächtigt werden, nur weil ich von zu Hause arbeite.

  • Die Dauerüberwachung der Callcentermitarbeiter ist für mich inakzeptabel. Unser Staat überwacht die Bürger ohnehin schon genug (BND, NSA etc.) und Privatunternehmen überwachen die Bürger zu allem Überfluß darüber hinaus (Facebook, Google etc.). Da brauche ich nicht auch noch beim Job eine totale Dauerüberwachung.

Ich bin nicht bereit für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der solche Bedingungen bietet. Wer weiß, wie schlimm es wird, wenn man tatsächlich von einem solchen Unternehmen finanziell abhängig ist! Wollen Sie das Ganze auch noch schriftlich per Post?

Viele Grüße 

Zur weiteren Verdeutlichung dessen, mit welchen Methoden Callcenter ihre Mitarbeiter*innen ausbeuten, sei noch der Artikel "Bericht aus einem Callcenter" von 2014 erwänt.

 

 
Weitere Leseempfehlung: Buch über die Ökonomisierung unseres Alltags...

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Neoliberalyse -
Über die Ökonomisierung unseres Alltags


Verlag: Mandelbaum Verlag, Wien 2014.
Autor Christopher Stark
ISBN Nr. 9783854766353.


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