Bildanalyse
Werbung & Kommerz an der Universität?

Ein einsames Verbotsschild als Relikt aus einer besseren Zeit

 

Werbung Schild

 


Dieses Schild steht halb versteckt - irgendwo zwischen vergilbten 70er-Jahren-Plattenbauten, Gründerzeitgebäuden und grün umwachsenen Parkplätzen an der Universität Hamburg.
Die Botschaft ist klar:


"Handel und Werbung jeder Art ist auf dem Universitätsgelände nicht gestattet - Hausverwaltung."

Das halb vermooste Schild wirkt heute wie ein Relikt aus einer anderen Zeit - fast wie eine Persiflage auf den heutigen Zustand der Universität.

Heute, im Zeitalter des Neoliberalismus angekommen, kümmert sich die Marketing-Abteilung der Universitäten höchst persönlich darum, so viel Werbung wie möglich anzuziehen. Sei es eine Coca-Cola Werbeverschenkung im Sommer vor dem Audimax, sei es ein begehbarer Container von Microsoft, in dem die neuesten Glitzerprodukte des Monopolisten angepriesen werden - oder sei es die unendliche Zahl von Werbeplakaten in Fahrstuhlaufgängen, Mensen und eigens aufgestellten Werbetafeln, die das Unigelände zieren.

Auf der Ebene des gesellschaftlichen Gesamtzusammenhangs betrachtet, wirkt das Schild wie eine Mahnung. Denn nicht nur vordergründig haben sich Universitäten verändert, sondern - und das ist viel entscheidender - auch strukturell. So versuchen Universitäten so viele Auftragsforschungen wie möglich aus der Wirtschaft anzuziehen, in anderen Worten Drittmittel einzuwerben. Es werden sogar zum Teil ganze Professuren geschaffen, die von Unternehmen bezahlt werden. Damit wird die Macht von Wirtschaftsunternehmen über die Universität weit über die Abhängigkeit von Werbeeinnahmen hinaus maximiert. Eine von der Wirtschaft bezahlte sogenannte Stiftungsprofessur ist sozusagen die Menschgewordene Institutionalisierung von Werbung an der Uni. Problematisch ist hier auch, daß es meist negativ agierende Unternehmen wie Vattenfall oder RWE sind, die Professoren als Lobbyisten für ihre schlechte Sache installieren.

In einer Gesellschaft, die kluge und kritisch denkende Menschen hervorbringen möchte, sollte sich jeder überlegen, ob eine derart weitgehende Vermischung von ökonomischen Interessen und gesamtgesellschaftlichen Zielen wünschenswert ist.
Aus Sicht eines humanistischen Bildungsideals und Menschenbildes ist der Dammbruch der letzten Jahre wenn es um das Verwischen der Grenzen zwischen Bildung und Wirtschaftsinteressen geht, eine Katastrophe für die intellektuellen und menschlichen Entwicklungsperspektiven und das Zusammenleben.

Es ist überfällig, daß rote Linien definiert werden, die durch keine Kommerzialisierungsversuche überschritten werden dürfen. Auch eine strikte wie gesetzlich vorgeschriebene Trennung von staatlichen Institutionen wie Bildungseinrichtungen auf der einen Seite und privaten Unternehmen auf der anderen Seite muß gewährleistet sein.
Im korrupten Machtapparat der unser Land regiert, bestehend aus Politikern und Wirtschaftslobbyisten, sind aber solche Forderungen derzeit kaum umsetzbar. Hoffen wir, daß der nächste Ausbruch der Banken- und Systemkrise dieses System ordentlich zerlegen wird - um den Weg zu grundlegenden Reformen zu ebnen. Etwa in die Richtung eines humanistischen Studiensystems, wie hier vorgeschlagen.

 

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