Uni Hamburg will Würde der Bildung mit Humankapital ersetzen
Schon im Studium Unternehmer Werden!
Ja ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttoinlandsprodukt

 

 

Dieses Werbebild der Universität Hamburg beziehungsweise der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zeigt eine weibliche Person unscharf im Hintergrund, die mit einem Filzstift ein Diagramm auf eine Glasscheibe zeichnet. Die Kleidung, Frisur und Brille der Frau sehen offiziös aus.
Die Überschrift des Werbebildes lautet: "Schon im Studium Unternehmen werden!" und "Master of Arts Entrepreneurship". Die Schrift und Hintergrundfarbe entsprechen hier der Schriftart und Farbe des Logos der Universität Hamburg, was wohl die Identifikation der Uni mit dem Inhalt dieses Spruchs verdeutlichen soll.

Das Diagramm besteht aus verschiedenen Elementen, wobei der Markt die oberste Kategorie darstellt. Diese verweist über Pfeile auf die darunter stehenden Kategorien "Bedarf und "Idee". Eng verknüpft mit der Kategorie "Idee" ist die Kategorie des "Ich", das beidseitig mit der Kategorie "Idee" in Verbindung gesetzt ist.
Unter der Kategorie Idee sind zwei leere Diagramm-Felder, die wohl noch auszufüllen sind.

Was bedeutet dieses Werbe- und Sinnbild? Zunächst einmal offensichtlichen, daß Studierende sich in höherem Maße (als bisher) als Wirtschaftsakteure beziehungsweise Unternehmer verstehen sollen.
Was früher idealerweise Motivation für ein Studium war - Wissensbegierde, der Wunsch, die Welt zu verstehen, einen umfassenden Blick gewinnen und klar denken zu können - soll hier einem reinen Wirtschaftsstreben weichen. Darüber hinaus sollen sich studierende auch als Menschen in ihrem Selbstverständnis als Unternehmer begreifen. Für Viele spielt die "Verwertung" des im Studium angeeigneten Wissens und der Fertigkeiten bisher ja erst nach Beendigung des Studiums eine Rolle. Dies soll sich nun fundamental ändern und die Verwertungslogik soll schon während des Studiums greifen und zu Kern und Ziel werden (oder am besten schon vorher, wenn die Studierenden Fächer wählen sollen, die später finanziell attraktiv ist).

Dazu paßt das Bild von einer Frau, die überhaupt nicht so aussieht wie eine "normale" Studentin, wie wir uns sie vorstellen.
Die hier dargestellte Frau repräsentiert viel mehr eine möchtegern-elitäre Minderheit an staatlichen Hochschulen. Es handelt sich hierbei um wenige Studierende, die so sehr karriereorientiert sind, daß dies klar im äußeren Auftreten - etwa über Kleidung oder Statussymbole - zur Schau gestellt wird.

Das Schaubild ist bezeichnend für die neoliberale Ideologie, denn über allem thront "der Markt", also die Wirtschaft. Das "Ich" ist klar untergeordnet und fügt sich gleichberechtigt mit "der Idee" (also übersetzt der ökonomischen Innovation) ins Gesamtschema ein.
Die Richtung der Pfeile, die vom Markt abgehen ist zudem bezeichnend, da sie implizieren, der Markt diktiere den Bedarf und die Ideen. Dies ist eigentlich auch aus neoliberaler Perspektive falsch, denn Ideen entstehen unabhängig vom "Markt" und werden dann über die Umsetzung einer Geschäftsidee in den "Markt" hineingetragen.


Der Studiengang "Master of Arts Entrepreneurship" ist schon vom Namen her absurd. Was ist am Unternehmersein künstlerisch? Zudem ist dies ein inhaltsleeres Studium. Schließlich ist "Unternehmertum" kein Inhalt, sondern was hier vermittelt werden kann, bewegt sich im Rahmen von Ausbildungsinhalten. Mit Bildung oder gar mit Hochschulbildung hat das nichts mehr zu tun.

Die Botschaft ist klar: Man versucht Menschen, die sich selber als SozialwissenschaftlerInnen verstehen und vor allem der Gesellschaft als ganzes dienen wollen, die möglicherweise altruistisch orientiert sind, zu stärker egoistischen "Marktakteuren" zu machen. Für einen guten Sozialwissenschaftler müßte schließlich im hier dargestellten Schema die Kategorie des "Wohlergehens der Gesellschaft" stehen. Diese Kategorie ist hier aber leider durch "Markt" ersetzt worden. Es geht somit nur noch um persönlichen Erfolg und Wirtschaftswachstum.



Wir meinen:
Traurig, wie sich die Leitung der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Uni Hamburg durch den oberflächlichen Zeitgeist von Markt und Moneten verwirren läßt, den eigentlichen Sinn und das Ziel von Bildung so aus den Augen verliert und sich devot einer kranken Gesellschaftsideologie anpaßt.

 

Einen Kommentar verfassen

Als Gast kommentieren

0 / 1000 Zeichen Beschränkung
Dein Text sollte weniger als 1000 Zeichen lang sein
Deine Kommentare erfordern die Moderation durch den Administrator
Nutzungsbedingungen.
  • Keine Kommentare gefunden
today betting odds today soccer prediction football dropping odds and tips